Bezogen auf den betrieblichen Ablauf, ist intrinsische Motivation der Teil der Arbeitsmotivation, der vom Mitarbeiter selbst ausgeht und „keinen“ Anreiz von außen benötigt. Sie wird durch Motive, die für die Mitarbeiter wichtig sind, getragen. Es handelt sich um ein Verhalten seiner selbst willen (David G. Myers 2004, 2008; S.363). D.h. der Mitarbeiter muss einen Sinn in seiner Aufgabe sehen und welcher Nutzen sich daraus für ihn oder die Gemeinschaft ergibt. Auch die persönlichen Wertvorstellungen spielen eine entscheidende Rolle. (Friedemann W. Nerdinger, Gerhard Blickle, Niclas Schaper, 2008, 2011, 2014, 2018; Leontjew,1977). Mitarbeiter mit einer hohen intrinsischen Motivation stellen eine wichtige Säule für jede Führungskraft dar. Sie entlasten die Führungskraft erheblich. Die Komplexität, die Geschäftsprozesse aufweisen, kann schon lange nicht mehr von einzelnen Personen erfasst werden. Eine Vernetzung der vielfältigen Kompetenzen und Blickwinkel aller Mitarbeiter ist deshalb unweigerlich der einzige nachhaltige Weg der den daraus erforderlichen Anforderungen gerecht wird. Ein Unternehmen kann an dieser Stelle mit einem Organismus, und bei den kognitiven Gemeinschaftsleitungen, mit dem Gehirn verglichen werden. Wie einzelne Neuronen, also Gehirnzellen, untereinander vernetzt zu außergewöhnlichen Leistungen fähig sind, kann sich ein Unternehmen diesen Effekt ebenfalls zu Nutze machen.
Intrinsische Motivation kann allerdings durch falsches Führungsverhalten schnell gefährdet werden. Fehlende Wertschätzung und autoritäres Verhalten, sorgen schnell dafür, dass dieser genannte Nutzen verloren geht. Einmal zerstörtes Vertrauen, ist nur mit sehr viel Mühe wieder zu erlangen. Nicht zu unterschätzen ist die sogenannte Reizgeneralisierung (David G. Myers, 2004, 2008; S. 346). In diesem Zusammenhang bedeutet das, wenn ein Vorgesetzter „verbrannte Erde“ hinterlassen hat, wird die darauffolgende Führungskraft es deutlich schwerer haben, da auch sie mit dem Verhalten des Vorgängers in Verbindung gebracht wird.
Extrinsische Motivation hingegen wird beispielsweise eher von Interventionen des Vorgesetzen oder Geld erzeugt. Es stellt das Verhalten aufgrund von versprochener Belohnung oder angedrohter Bestrafung dar (David G. Myers, 2004, 2008; S. 346). Sie hat den wesentlichen Nachteil, indem sie ihre Wirkung schnell verliert, wenn dieser externe Reiz entfällt. Was so viel bedeutet, wenn der Vorgesetzte nicht anwesend ist, oder keinen Zugriff auf das hat was geschieht, sinkt auch die Arbeitsleistung wieder, was zwangsläufig früher oder später der Fall ist, da niemand überall zur gleichen Zeit sein kann.
Geld beispielsweise, führt zu schneller Gewöhnung und hat aus diesem Grund nur eine begrenzte kurzzeitige Wirkung. Das Interesse an der Aufgabe kann entsprechend gering sein und steht nicht im Vordergrund. Besonders kritisch ist der scheinbare Erfolg, der damit einhergeht. Vorgesetzte die vorwiegend auf extrinsische Motivation setzen, fühlen sich in ihrer Vorgehensweise bestärkt, ohne zu bemerken, dass es sich nicht um einen nachhaltigen Erfolg handelt. Die Konsequenzen kommen sehr häufig erst deutlich später zum Tragen. Sie führen dann aber nicht mehr zu einer Verknüpfung zwischen ihrem Handeln und der Wirkung die daraus resultiert. Die Ergebnisse verschlechtern sich und die Ratlosigkeit nimmt zu. Es gibt sicherlich Situationen in der diese Art der Motivation ihre Berechtigung hat, sie sollte aber sehr sparsam eingesetzt werden und erst dann, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgereizt sind. Soweit es erforderlich ist, können auch beide Formen der Motivationsförderung eingesetzt werden. Das ist sehr abhängig von der Ausgangssituation.
Was bedeutet das nun für die Praxis? Wie schon in meinem letzten Blogbeitrag beschrieben, ist es auch hier wieder sinnvoll sich die Ergebnisse der Pittsburgh-Studie von Neuberger (1974) ins Bewusstsein zu holen und sich noch einmal speziell die Einflussgrößen, die zu Unzufriedenheit führen und die die Motivation ermöglichen, klar zu machen. Wie schon erwähnt, werden sie entweder als Motivations- bzw. Hygienefaktoren bezeichnet. Bei den Motivationsfaktoren kommen Aspekte zum Tragen, wie die Verantwortung die ein Mitarbeiter übernehmen kann, oder auch der Arbeitsinhalt an sich, um nochmal zwei Beispiele zu nennen. Das ermöglicht den Bogen zur intrinsischen Motivation zu schlagen. Wer sich mit (s)einer Aufgabe identifizieren kann, wird mit seiner Tätigkeit zufriedener sein und höher motiviert. Es mag also die Frage aufkommen, wie kann intrinsische Motivation beeinflusst werden? Dazu später mehr.
Auf der anderen Seite müssen Hygienefaktoren, wie beispielsweise Einkommen und die Zusammenarbeit mit dem Vorgesetzen, positiv wahrgenommen werden um Unzufriedenheit zu vermeiden. Wichtig hierbei ist, dass dies noch keinesfalls zu Motivation führt, sondern lediglich eine Basis für Motivation geschaffen wird (Friedemann W. Nerdinger, Gerhard Blickle, Niclas Schaper, 2008, 2011, 2014, 2018, S.467). Folglich kann Geld nicht motivieren, aber demotivieren. Der Versuch mit höheren Gehältern zu motivieren, wird aus diesem Grund unweigerlich scheitern.
Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass intrinsische Motivation mit einem qualitativen Ergebnis und extrinsische Motivation mit einem quantitativen Ergebnis einhergeht (Friedemann W. Nerdinger, Gerhard Blickle, Niclas Schaper, 2008, 2011, 2014, 2018). Übertragen auf die Produktion, resultiert daraus: wenn ein Mitarbeiter aufgrund von Akkordentlohnung eine hohe Stückzahl produziert, wird er tendenziell weniger achtsam mit den Produktionsanlagen umgehen, noch wird er auf die Qualität des Ergebnisses fokussiert sein. Einerseits sind erhöhter Verschleiß und Anlagenstillstände, sowie hoher Ausschuss die Folgen und Reklamationen durch Schlechtteillieferungen, auf der anderen Seite. Für einen Mitarbeiter steht sein Gewinn und das Vermeiden von Sanktionen im Vordergrund. Da Qualität auch die Zielausbringung beinhaltet, wird ein Mitarbeiter bei intrinsischer Motivation nicht nur versuchen die erforderlichen Stückzahlen zu erreichen, sondern auch die, für die Aufgabenerfüllung wichtigen Rahmenbedingen zu berücksichtigen; also eine qualitativ hochwertige Arbeitsleitung abgeben.
Nun mehr zur Frage was eigentlich getan werden kann, um Einfluss auf intrinsische Motivation zu nehmen? Zunächst könnte man annehmen, das intrinsische Motivation beim Mitarbeiter liegt und von der Führungskraft nicht beeinflussbar ist. Ohne Zweifel hat hier der Mitarbeiter den größeren Anteil. Nicht jeder Mitarbeiter möchte aktiv eingebunden werden und vielleicht nur sein Geld verdienen. Tendenziell dürfte die Zahl der Mitarbeiter, die weniger komplexe Tätigkeiten ausführen, hierfür höher liegen, als bei denen die anspruchsvolleren Aufgaben nachgehen.
Dennoch kann intrinsische Motivation positiv beeinflusst werden, indem die Aufgabenstellung und der Entscheidungsspielraum entsprechend attraktiv gestaltet werden. Die Führungskraft hat also durchaus Möglichkeiten aktiv darauf einzuwirken. Wenn ein Mitarbeiter konstruktiv und wertschätzend in die Aufgabengestaltung mit eingebunden wird, erzeugt dies ein Gefühl der Selbstbestimmtheit, was sich wiederum auf das Stressempfinden und die Arbeitszufriedenheit positiv auswirkt. Der Mitarbeiter muss bei der Sache und nicht beim Geld sein. Dadurch wird in den meisten Fällen eine sich selbstbefeuernde Motivation sichergestellt.
Das reine Abarbeiten von Vorgaben hingegen ist kontraproduktiv und wird das Gegenteil von intrinsischer Motivation bewirken. Es ist deshalb darauf zu achten, nicht zu stark mit Vorgaben zu arbeiten. Eine Aufgabe muss möglichst spannend gestaltet sein und dem Mitarbeiter die Möglichkeit bieten ein Teil vom Ganzen zu sein.
Generell gilt also, die Führungskraft hat sehr wohl vielfältige Möglichkeiten die intrinsische Motivation zu beeinflussen.
Um es etwas abzurunden, ein Beispiel:
Einem Mitarbeiter wird die Aufgabe übertragen, den Aufbau eines neuen Lagers zu übernehmen.
Hierzu wird ihm ermöglicht die Aufgabe mit Entscheidungsspielräumen in regelmäßiger Abstimmung und unter Einhaltung von zuvor festgelegten Rahmenbedingen durchzuführen, anstatt Anweisungen und umfangreiche Vorgaben des Vorgesetzten befolgen zu müssen.
Dadurch dass das Ziel festgelegt wird, ein Lager in dem alle Teile schnell und unkompliziert gefunden werden um die Produktion sicher zu versorgen, ist die Wahrscheinlichkeit deutlich größer bessere Lösungen zu finden. Trotzdem besteht für die Führungskraft immer die Möglichkeit, einzugreifen und bei Bedarf gegenzusteuern falls es erforderlich ist. Positiver Nebeneffekt ist, der Mitarbeiter wird sich mit dem Lager und dem System immer identifizieren. Ohne es offiziell zu benennen, wird der Mitarbeiter Pate und das Lager selbständig am Laufen halten. Um diese Identifikation für Produktionsanlagen sicherzustellen, ist das Benennen von Paten beim Lean Management schon lange gängige Praxis.
Obwohl ich seit vielen Jahren auf diese Art und Weise vorgehe, bin ich von der Wirkung, die von dieser eigentlich simplen Vorgehensweise ausgeht, selbst immer wieder überrascht! Die positive Rückmeldung, die davon ausgeht, empfinde ich als „zweites Gehalt“, wie ich es nenne.
So kamen eines Tages am selben Tag zwei Mitarbeiter unabhängig voneinander auf mich zu, mit fast identischen Worten, und sagten: „ich lebe hier meinen Traum“.
Das Ergebnis war also eine hohe Motivation, verbunden mit guten Lösungen, die die Mitarbeiter erarbeitet hatten und sie auch noch vollständig selbständig umsetzten.
Da es sich dabei um qualitativ hochwertige Arbeit handelte, war die Fehlerquote entsprechend niedrig.
Am Ende kann gesagt werden, dass bevorzugt auf intrinsische Motivation als Führungsinstrument gesetzt werden sollte. Ganz ohne extrinsische Motivation dürfte es allerdings dennoch nicht gehen. Nicht jeder Mitarbeiter ist darauf aus, eigenverantwortlich zu arbeiten. Es gibt also auch immer einen Anteil, der sich nicht auf diese Art und Weise zu Leistung motivieren lässt und entsprechende Vorgaben benötigt. Da aber nur Ergebnisse vergütet werden sollten und ein Unternehmen nur durch Resultate und nicht durch Anwesenheit existieren kann, hat extrinsische Motivation an dieser Stelle ebenfalls seine Berechtigung. Wie so oft, kommt es auf ein gesundes Verhältnis an.
Quelle:
Friedemann W. Nerdinger, Gerhald Blickle, Niclas Schaper (2008, 2011, 2014, 2018), Arbeits- und Organisationspsychologie, Springer Verlag GmbH Deutschland
Leontjew, A. N. (1977), Probleme der Entwicklung des Psychischen, Kronberg: Athenäum
David G. Myers (2004, 2008), Psychologie, Springer Medizin Verlag Heidelberg
Neuberger, O. (1974), Theorien der Arbeitszufriedenheit, Stuttgart: Kohlhammer
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